Das Low-Light Desaster

Handys sind nicht mehr dazu geeignet Fotos zu machen, wenn es dunkler wird. Zwar werben die ganz neuen Smartphones inzwischen auch damit – mit einer Spiegelreflexkamera sind die Resultate allerdings überhaupt nicht zu vergleichen.

Gehen wir als davon aus, dass der Fotograf eine digitale Spiegelreflexkamera besitzt. Welche Einstellungen sind nun am besten geeignet, um bei schlechten Lichtverhältnissen gute Bilder zu bekommen? Das hängt zunächst einmal davon ab, wie man „gut“ definiert und auch was man letztlich fotografieren möchte. Bei stillen Motiven kann man lange Belichtungszeiten wählen. Hat man kein Stativ, dann kann man die Kamera irgendwo ablegen oder auch auflegen. Bei eher bewegten Motiven, sollte die Belichtungszeit kürzer sein, um ein scharfes Bild zu bekommen. In diesem Fall geht man dann mit den ISO-Werten nach oben. Zwar wird das Foto dadurch „körniger“; doch sind insbesondere bei Erinnerungsfotos körnige Bilder besser, als total verwackelte Aufnahmen.

Unschärfe kann allerdings auch viel zu der Stimmung eines Bildes beitragen. Unschärfe macht die Bewegung deutlich. Stellen Sie sich (rein theoretisch) ein Foto eines Rummelplatzes vor, bei dem die Buden und Läden scharf abgelichtet sind und alle Menschen und Karussells eine Unschärfe zeigen. Sofort wird der Betrachter die Dynamik der Situation erkennen. Bewegung wird dann auch auf einem Foto sichtbar. Richtig eingesetzt, wird Unschärfe ein Foto sehr aufwerten können. Ich kann nur raten, ein wenig damit zu experimentieren.

Waren Sie schon einmal auf einer abendlichen Veranstaltung, bei der irgendwo in den hinteren Rängen Blitzlichter aufflackern? Alle diese Fotos werden eine Gemeinsamkeit haben: sie sind hoffnungslos unterbelichtet. Blitze haben eine Reichweite. Belichtungszeit, Blende und ISO wird sich also auf den Idealbereich des Blitzes einstellen. Motive, die außerhalb dieser Reichweite liegen, werden verdunkelt. Bei solchen Veranstaltungen ist es wichtig, keinen Blitz zu nutzen und die entsprechende ISO- und Belichtungszeit auszuprobieren. Dabei kommt es dann auch wieder darauf an, was fotografiert werden soll. Ein Symphonieorchester wird länger belichtet werden können, als eine Primaballerina. Trotzdem ist es möglich, beides auch ohne Blitz reizvoll zu fotografieren. Abhängig natürlich auch davon, welche Lichtverhältnisse auf der Bühne herrschen.

Schöne Erfahrungen kann man mit dem Blitz bei Dämmerung machen. Das sogenannte Anblitzen. Stellen sie sich einen Sonnenuntergang vor. Eine Kulisse, die eigentlich zu dunkel für eine kurze Belichtungszeit ist. Soll dann eine Person oder ein Objekt im Vordergrund fotografiert werden, blitzt man sie an. Dadurch wird dieses Motiv künstlich beleuchtet und das Blitzlicht verliert sich in der Tiefe der Kulisse. Gerade bei Aufnahmen von Portraits oder Personen im Allgemeinen können hier wirklich schöne Fotos entstehen. Auch hierbei gilt natürlich das Experimentieren.

Es gibt sehr viele Bücher oder Publikationen, die Listen abdrucken, welche Einstellungen wann zu nutzen sind. Als Richtschnur oder grobe Idee ist das natürlich nicht schlecht. Auf den speziellen Einzelfall, empfiehlt es sich aber immer, mit den Einstellungen ein wenig zu spielen. Ich halte viel davon, wenn man seine Erfahrungen aus Fehlern selbst lernt. Dadurch entwickelt man eine sichere Erfahrung, als wenn man alles von Tabellen ablesen sollte. Das gilt nicht nur für die Fotografie.

Wenn man keine Zeit zum Experimentieren hat, habe ich übrigens auch überhaupt kein Problem damit, die automatischen Einstellfunktionen meiner Kamera zu nutzen. Mit diesen lassen sich Bilder zwar weniger „komponieren“, doch kann man einen besonderen Augenblick festhalten.

Man sollte nicht vergessen, dass ein Foto jeweils den Bruchteil einer Sekunde wiedergibt. Das eine besondere Foto kann also sprichwörtlich in einem Augenblick verpasst sein. Bevor das geschieht, nutze ich die automatischen Einstellungen.

Fotografieren bei Dunkelheit ist etwas, womit man nicht unbedingt sofort beginnen sollte. Man muss seine Kamera kennen, um zu wissen, welche Einstellungen man zur Verfügung hat. Dazu kommen zusätzliche Hilfsmittel, wie z.B. Ein vernünftiges Stativ für längere Belichtungszeiten.

Ich persönlich kann die Kamera bei einer Belichtungszeit von 30stel Sekunde noch so ruhig halten, dass ein Bild nicht verwackelt. Bei längeren Belichtungszeiten lehne ich die Kamera irgendwo an oder lege sie auf. Das ist leicht möglich. Geländer, Bänke oder Pfeiler wären hier eine kleine Anregung. Dazu kommt, dass man die Kamera beim Auslösen selbst möglichst unbeweglich halten muss. Diese Möglichkeiten sind ganz ohne Stativ also auch etwas begrenzt. Ein Stativ gehört also zur Standardausrüstung für all jene, die gern bei Dämmerung und Dunkelheit fotografieren möchten.

Bei freihändigen Fotografien habe ich keine Hemmungen den ISO-Wert so hoch wie möglich zu ziehen, um an Belichtungszeit zu sparen. Bei Aufnahmen mit Stativ wähle ich entsprechend niedrige ISO-Zahlen, um eine grobe Körnung zu vermeiden. Diese können zwar auch einen ganz besonderen Reiz haben, doch ist es in der Regel so, dass man sie bei der Fotografie selbst vermeiden sollte. Körnung kann man zur Not auch nachträglich bei einer Bildbearbeitung hinzufügen. Anders herum wird es etwas schwieriger.

Überhaupt bieten digitale Bearbeitungsmöglichkeiten viele Hilfsmittel für Korrekturen und Effekte. Auch dieser bediene ich mich hemmungslos und ohne jeden Anflug eines schlechten Gewissens. Ich vermeide Effekte und Bearbeitung, wo man dem Foto auf den ersten Blick ansieht, dass es massiv bearbeitet wurde. In der letzten Zeit sind exzessive HD-Filter so eine ganz gruselige Mode. Vielen Menschen scheint es zu gefallen. Mein Geschmack ist es nicht. Das muss aber letztlich jeder selbst entscheiden und auch hier kann ich nur dazu aufrufen: Experimentieren macht den Meister.