Es muss nicht immer eine Schallzahnbürste sein.

Wenn Sie in einem Restaurant gut essen – fragen Sie dann, mit welchen Kochtöpfen der Koch gearbeitet hat? Wenn jemand besonders schöne und weiße Zähne hat – gehen sie dann automatisch davon aus, dass er eine moderne Schallzahnbürste benutzt?

Man kann sich bei der Zahnpflege auf moderne Produkte, wie ein Schallzahnbürste verlassen, bei der man das Zahnfleisch schont und etwas mehr Geld ausgibt. Ebenso kann man seine Zähne mit einer herkömmlichen Zahnbürste putzen. Das Resultat wird sich kaum voneinander unterscheiden. Die Instrumente schon … eine Schallzahnbürste sieht nämlich wichtiger und imposanter aus, als eine einfache Bürste. (wie du hier sehen kannst)

Genau darum geht es sehr vielen Amateurfotografen. Und deswegen mag ich sie nicht. „Oh, du fotografierst? Mit welcher Kamera denn?“, ist eine Frage, der man sehr häufig begegnet. Ich antworte dann meistens: „Meine Kamera ist so ein kleiner Kasten ohne Licht drin.“

Viele selbsternannten Fotografen geht es darum, eine möglichst tolle und teure Kameraausrüstung zu besitzen. Fotofreunde treffen sich gern, legen dabei ihre großen Spiegelreflexkameras auf den Tisch vor sich und fachsimpeln Stundenlang über Belichtung, Blende, ISO-Werte oder den technischen Raffinessen ihrer Objektive, die mindestens so viel kosten müssen, wie ein Mittelklasse-Gebrauchtwagen.

Ich habe nichts gegen technik-affine Menschen. Die gibt es ja in vielen Bereichen wie Foto, Film, Computer, Software. Man sollte sich dann allerdings auch eingestehen, dass es „Techniker“ sind – nicht aber Fotografen. Es geht ihnen nicht um das Motiv oder ein bewegendes Foto, sondern um ein technisch perfektes Foto – geschossen mit einer technisch hochwertigen Kamera.

Natürlich macht es Spaß mit einer solch tollen Kamera zu arbeiten. Leisten kann ich mir das nicht. Ich fotografiere also nicht mit einer Schallzahnbürste. Meine Kamera bewegt sich im mittleren Preissegment. Es ist eine bekannte Marke. Dazu benutze ich ein relativ gutes Universalobjektiv. Auf einem Treffen solcher „Fotofreunde“ würde ich jedoch vollkommen durchfallen.

Ich kenne eine junge Frau, die eine Kamera besitzt, die mit meiner vergleichbar ist, aber die sehr viel öfter Fotos mit ihrem Handy macht. Dabei hat sie so ein schönes Talent jeweils einen geeigneten Filter in einer App zu finden, der zu der Stimmung des Motives passt. Viele ihrer Bilder finde ich wirklich beeindruckend gelungen. Sie macht wesentlich bessere Fotos mit ihrem Handy, als zB. mein Schwager, den man sofort zu diesen Technik-Fetischisten zählen könnte.

Es kommt nicht darauf an, womit man fotografiert. Es kommt darauf an, wie man ein Motiv sieht und dann umsetzt. Das geht mit einer teuren Kamera ganz ebenso, wie mit einem Handy. Die Möglichkeiten mit einem Handy sind zwar begrenzt. An der Wirkung eines gelungenen Fotos ändert dies allerdings nichts.

Es gibt gerade heute unzählige Pressefotos, die ein Ereignis dramatisch dokumentieren und die tatsächlich mit einem Handy aufgenommen sind. Dies ist nun keine Ode an die Handyfotografie. Ich will damit nur sagen, dass man auch mit dem Smartphone ein Foto machen kann, was unter Umständen viele Menschen zu bewegen imstande ist.

Je nach Möglichkeiten empfiehlt sich natürlich eine digitale Spiegelreflexkamera. Auch diese gibt es in sehr unterschiedlichen Preisklassen. Zusammen mit raffinierten Objektiven liegen die Preisspannen zwischen mehreren Hundert bis hin zu mehreren Tausend Euro. Nicht jeder hat die Möglichkeit sehr viel Geld für ein Hobby zu investieren. Ganz besonders in der heutigen Zeit wird das Geld wieder etwas knapper. Genau deswegen, gelingt es mir nicht, Amateurfotografen ernst zu nehmen, die andere wegen einer „billigeren“ Fotoausrüstung verlachen. Zwar hat man bei günstigen Modellen nicht den letzten Schrei der Technik und Möglichkeiten in den Händen. Gute Fotos kann man allerdings trotzdem machen.

Das Auge für Motive zu schulen, kann man mit einigen Tricks leicht zuhause beginnen. Nehmen Sie ihre Kamera – das kann jedes Modell sein – und setzen sie sich ein Thema in ihren eigenen vier Wänden. Zum Beispiel: welche Gegenstände sagen am meisten über Sie aus. Oder mit welchen Gegenständen verbinden Sie eine ganz besondere Erinnerung.

Nun fotografieren Sie all diese Gegenstände möglichst vorteilhaft. Man kann sie aufbauen, eine dampfende Tasse Kaffee daneben stellen oder eine Schnittblume daneben legen. Am Ende haben Sie eine Fotostrecke, die sehr viel darüber aussagen wird, was für ein Mensch Sie sind. Zeigen Sie unter Umständen diese Fotos einem Freund oder einer Freundin und diskutieren Sie darüber. Man wird erstaunt sein, wie viel Gesprächsstoff solche Alltagsgegenstände in sich bergen – eingefangen in einem Foto. Kurz: ein gelungenes und auch sehr persönliches Motiv.

Wenn Ihre Wohnung ausgeschlachtet ist, kann man diese Themen ausdehnen. Portraitieren Sie ihren Heimatort oder Orte, die einen ganz bestimmten Bezug zu Ihrer Kindheit haben. Auch hier werden sie einen Betrachter auf eine ganz besonders persönliche Reise einladen können.

Das meine ich mit gelungenen Motiven. Ein gelungenes Motiv hat jeweils einen ganz bestimmten Bezug oder eine Bedeutung, wenn man so will. Ein gelungenes Motiv wird diese Bedeutung dann auch auf einen zweiten Betrachter übertragen können. Sie merken selbst, dass ein solches Motiv absolut nicht davon abhängig ist, wie teuer die Kamera war, die Sie zum fotografieren benutzt haben.

Mein Großvater war Maurer und sagte immer: „Ein guter Handwerker kann einen Nagel auch mit einem alten Hammer ins Holz schlagen.“ Das lässt sich sehr schön auf die Fotografie übertragen.